Annotierte Schrifttumskunde
Eine mit Anmerkungen versehene Bibliographie zum Weiterlesen
Auf dieser Seite sollen einige wenige Hinweise auf lesenswerte Literatur
zum Thema der Kleinkriminalität, der Gauner und Betrüger in der
Neuzeit gegeben werden. Über zwei hier besonders hervorgehobene Bereiche
- Allgemeine Einführungen und lokalbezogene Arbeiten - lassen sich
damit gut erste Ansätze für weitere Forschungen finden. Die folgenden
Nennungen des Instuts Deutsche Adelsforschung sind daher lediglich als
Anregungen zu verstehen und beanspruchen keinesfalls den Anspruch der Vollständigkeit.
A. Allgemeines zur Thematik
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Gerd Schwerhoff: Historische Kriminalitätsforschung, Frankfurt
am Main / New York 2011. Enthält eine aktuelle Einführung auf
234 Seiten in das Forschungebiet, nennt im 21. Jahrhundert anstehende Erkenntnisinteressen,
Methoden der Forschung, stellt alle wesentlichen Qwuellengattungen vor
(wie Statistiken, Steckbriefe, Gerichtsreportagen, Akten, Diebslisten et
cetera) und gibt einen konzisen Überblick über die Spannungsfelder
von Recht und Kriminalität einerseits sowie Gesellschaft und Kriminalität
andererseits.
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Friedrich Christian Benedict Avé-Lallemant: Das deutsche Gaunertum
in seiner sozialpolitischen, literarischen und linguistischen Ausbildung
zu seinem heutigen Bestande, Bände I. und II., Leipzig 1858 /1862.
Erschienen als Nachdruck, Wiesbaden ohne Jahr (1998), 570 Seiten (zwei
Bände in einem Band). Eine ältere, gleichwohl noch nicht überholte
Kulturgeschichte des Gaunertums mit der Behandlung der Aspekte der Genesis
und Entwicklung "der Gauner", ihrer speziellen Sprache (Rotwelsch), ihrer
Geheimzeichen, ihrer Vorgehensweisen, aber auch der polizeilichen Maßnahmen
zur Bekämpfung der Kriminalität.
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Uwe Danker: Geschichte der Räuber und Gauner, Düsseldorf
2001, 349 Seiten. Bietet einen gut lesbaren populärwissenschaftlichen
Einstieg ins Milieu der frühneuzeitlichen Malefikanten, stellt die
vormoderne Gesellschaft der Landstraße vor, liefert repräsentative
Karriereverläufe von Delinquenten und stellt ordnungspolizeiliche
Maßnahmen, ihre Wirkung und ihre Absicht, dar. Behandelt werden -
meist aus dem 18.Jahrhundert - sowohl einzelkriminelle Frauen und Männer
als auch Räuberbanden, ihr Mythos und ihre Wirklichkeit.
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Andreas Blauert / Eva Wiebel: Gauner- und Diebslisten. Registrieren,
Identifizieren und Fahnden im 18.Jahrhundert. Mit einem Repertorium gedruckter
südwestdeutscher, schweizerischer und österreichischer Listen
sowie einem Faksimile der Schäffer'schen oder Sulzer Liste von 1784
(Studien zur Policey und Policeywissenschaft), Frankfurt am Main 2001,
367 Seiten. Enthält neben einer ausführlichen Quellengattungsanalyse
zu den Gauner- und Diebslisten des 18.Jahrhunderts sowie anderen Verzeichnissen
ähnlicher Art auch den Abdruck einer Liste von 1784 mit 666 durch
ein Register erschlossenen Signalements sowie eine Bibliographie von 122
Gauner- und Diebslisten aus den Jahren 1692 und 1812 aus Südwestdeutschland,
dem Schwäbischen Kreis, Vorarlberg sowie der Schweiz, die rund 15.000
nicht über ein Gesamtregister erschlossene Signalements enthalten.
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Miloš Vec: Die Spur des Täters. Methoden der Identifikation in
der Kriminalistik 1879 bis 1933 (Schriftenreihe Juristische Zeitgeschichte,
Abteilung I, Band XII.), Baden-Baden 2002. Enthält eine Geschichte
der kriminalpolizeilicher Fahndungs-, Ermittlungs- und Identifikationsmöglichkeiten
vom 18. bis 20.Jahrhundert und behandelt daher in einem einführenden
Teil die Verbrecherlisten-, Gaunerlisten- und Steckbriefkultur in Deutschland
sowie ihre Verbesserung durch Fingerabdruckverfahren und Bertillonage zur
eindeutigen Identifizierung gesuchter Personen. Zugleich zeigt der Verfasser
die Grenzen dieser Fahndungsinstrumente und ihre Überwindung durch
neue Verfahren auf.
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Peter Becker: Verderbnis und Entartung. Zur Geschichte der Kriminologie
des 19.Jahrhunderts als Diskurs und Praxis (Veröffentlichungen des
Max-Planck-Instituts für Geschichte, Band 176,), Göttingen
2002. Enthält einen philosophischen Diskurs über Wandlungen der
Sichtweisen bürgerlicher Normen gegenüber "Verbrechern" aus Vormärz,
Revolutions-, Einigungs- und Kaiserzeit. Das Werk beschreibt auch die Hintergründe
zur Entstehung der Verbrecherlisten. Behandelt werden auch Konstrukte der
Kriminologen der Gaunerwelt als geordnete und mit eigenen Gesetzen versehen
Antiwelt zum bürgerlichen Leben sowie die Entwicklung der Diskussion
um die Frage, ob Malefikanten wegen ihrer zeitweiligen Gesinnung oder aus
erblichen Gründen Taten begingen.
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Andreas Blauert / Gerd Schwerhoff (Herausgeber): Kriminalitätsgeschichte.
Beiträge zur Sozial- und Kulturgeschichte der Vormoderne, Konstanz
2000, 920 Seiten. Aufsatzband zur Bestimmung des vielfältigen Forschungsstandes.
Gliedert sich in die acht Bereiche Historische Kriminalitätsforschung
in Europa --- Theoretische Perspektiven, Kriminalquellen. Sprache und Wissen
--- Funktionsweisen der Justiz: Dorf, Stadt und frühmoderner Territorialstaat
--- Formen der Aneignung und Umgehung von Justiz --- Geistliches Gericht
und Kirchenzucht --- Delinquenz und Geschlecht(erverhältnis) --- Social
Crimes. Imagination und Realität.
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Valentin Gröbner: Der Schein der Person. Steckbrief, Ausweis und
Kontrolle im Mittelalter, München 2004, 224 Seiten. Stellt die Identifizierungsmöglichkeiten
von reisenden Personen vom 13. bis 17.Jahrhundert dar und geht auch auf
die Philosophie des Reisepapiers sowie die Möglichkeiten der Fälschung
solcher Dokumente mittels Hochstaplern ein.
B. Lokal beschränkte Untersuchungen und Darstellungen:
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Heiner Boehncke / Hans Sarkowicz: Die Metropole des Verbrechens. Räuber
und Gauner in Berlin und Brandenburg, Frankfurt am Main 1997, 308 Seiten
[betrifft unter anderem Karl Masch, Karl Weien, Paul Lindenberg, enthält
Kapitel zur Berliner Gaunersprache, zu Kriminalprozessen, Kriminalreportagen,
den Berliner Ringervereinen et cetera]
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Michael Krausnick: Beruf Räuber. Vom schrecklichen Mannefriedrich
und den Untaten der Hölzerlips-Bande. Eine historische Reportage,
Weinheim 1990, 175 Seiten
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Ludwig Barring: Edle Räuber, große Gauner. Räuberschicksale
von Robin Hood bis zu den Posträubern, Bayreuth 1973, 224 Seiten [betrifft
Räuber an Rhein und Donau, Schinderhannes, Rinaldo Rinaldini und andere]
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Reinhold Neeb: Räuber, Gauner und Vagabunden. Kriminalität
im alten Oberhessen, Gießen 1987, 115 Seiten [betrifft Herkunft,
Leben und Sprache der Räuber und Vaganten - Die Untaten der Räuberbanden
(1718-1726) des Antoine la Grave und des Johannes la Fortun - Hintergründe
des Räuberunwesens - Vogelsberger und Wetterauer Räuberbanden]
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Leberecht Christian Gottlob Schmid: Nachrichten von den Lebensumständen
einiger merkwürdiger Zuchthausgefangener, Leipzig 1797, VI Blatt und
307 Seiten [betrifft die zeitgenössischen Lebensgeschichten von 24
Zuchthausinsassen]
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Ernst Schubert: Arme Leute. Bettler und Gauner im Franken des 18.Jahrhunderts
(Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte,
Band IX., zugleich Darstellungen aus der fränkischen Geschichte, Band
XXVI.), Neustadt an der Aisch 1983
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Hans Jung: Vaganden (Vagabunden) in Maudach, in: Pfälzisch-Rheinische
Familienkunde, Jahrgang XXVII. (1978), Seite 12 und folgende
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Gerhard Storb: Zigeuner, Vagabunden, Durchreisende, Waldleute und sonstige
Ortsfremde im Kirchenbuch Lebach (katholisch) im 18.Jahhrundert, in: Saarländische
Familienkunde, Jahrgang VIII. (1975), Seite 407 und folgende
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Walther Pfeilsticker: Gauner- und Diebeslisten als genealogische Quelle,
in: Blätter für Württembergische Familienkunde, Band II.
(1926), Seite 6 und folgende
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Birgit Schnibben: Von Posträubern und anderen Betrügern.
Alte Steckbriefe erzählen über ungelöste Kriminalfälle
der Jahrhundertwende, in: Ostsee-Zeitung, Band XLVI., Rostock 1998, Ausgabe
63 vom 16.März 1998, Seite 14
C. Randgruppen und soziale Unterschichten
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Wolfgang v.Hippel: Armut, Unterschichten, Randgruppen in der Frühen
Neuzeit (Schriftenreihe Enzyklopädie deutscher Geschichte, Band XXXIV.),
München 1995. Bietet als Arbeitsinstrument für Forschende einen
Einblick in die Thematik und ihren Rahmen mit einem enzyklopädischen
Überblick, den Grundproblemen und Tendenzen der Forschung sowie einem
Quellen- und Literaturverzeichnis. Behandelt auch kriminologische Aspekte.
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A. Kraus: Die Unterschichten Hamburgs in der ersten Hälfte des
19.Jahrhunderts. Entstehung, Struktur und Lebensverhältnisse. Eine
historisch-statistische Untersuchung (Dissertation an der Universität
Hamburg), Stuttgart 1965, 4 Blatt und 112 Seiten (Reihe Sozialwissenschaftliche
Studien, Band IX.)
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Rudolf Summa: Kasseler Unterschichten im Zeitalter der Industrialisierung.
Ein Beitrag zur Sozialgeschichte der Stadt Kassel von der Mitte des 19.Jahrhunderts
bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges, Darmstadt / Marburg 1978, 364 Seiten
(Reihe Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte, Band XXXIV.)
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Karin Gröwer: Wilde Ehen. Die Unterschichten zwischen städtischer
Bevölkerungspolitik und polizeilicher Repression Hamburg - Bremen
- Lübeck, Berlin 1999, 544 Seiten mit 3 Faltkarten (Reihe Veröffentlichungen
des Instituts für Volkskunde der Universität Hamburg, Band XIII.)
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Carsten Küther: Menschen auf der Straße. Vagierende Unterschichten
in Bayern, Franken und Schwaben in der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts,
Göttingen 1983 (Reihe Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft,
Band LVI.), 173 Seiten
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Jürgen Kocka:Weder Stand noch Klasse, Unterschichten um 1800,
1990, 320 Seiten
D. Quellenkritisch besonders zu behandelnde Literaturpositionen
In der Epoche zwischen dem Ende der Weimarer Republik und dem Kriegsende
von 1945 fanden "Gauner" und "Verbrecher" ein besonderes Interesse bei
zeitgenössischen Historikern und Anthropologen. Diese glaubten beweisen
zu können, daß es eine erbliche Anlage zum "Verbrechen" gegeben
habe und schrieben ihre Abhandlungen unter dieser Rahmenthese nieder. Diese
war aber nicht nur rein historischer Natur, sondern hatte unmittelbare
Auswirkung als Rechtfertigung der Einstufung und Kategorisierung von sogenannten
"Berufsverbrechern" und ihrer Behandlung. Jener Hintergrund muß bei
den folgenden Literaturpositionen, die heute zu den literarischen Quellen
zählen, bedacht werden.
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Robert Ritter: Ein Menschenschlag. Erbärztliche und erbgeschichtliche
Untersuchungen über die durch zehn Geschlechterfolgen erforschten
Nachkommen von Vagabunden, Jaunern und Räubern, Leipzig 1937, Buchbesprechung
dazu in: Blätter für Württembergische Familienkunde, Band
VII. (1937), Seite 77
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E. Schlatter: Jüdische Gaunerbanden zwischen Oder und Weichsel
vor 100 Jahren. Ihre Diebes- und Einbrecherschule in Betsche (Neumark),
Neudamm und Berlin 1938, besprochen in: Mitteilungen Die Neumark 1939,
Seite 43
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Friedrich v.Rohden: Methoden der Kriminalbiologie (Handbuch der biologischen
Arbeitsmethoden, Lieferung 403), Wien 1933, Seiten 582-829
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Max Flesch: Die pathologischen Befunde an Verbrecher-Leichen, Würzburg
1882 (Teil 1 der Reihe Untersuchungen über Verbrecher-Gehirne, mehr
bibliographisch nicht ermittelbar)
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Leopold Schäfer / Otto Wagner / Josef Schafheutle: Gesetz gegen
gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der
Sicherung und Besserung mit dem dazu gehörigen Ausführungsgesetz,
Berlin 1934 (Reihe Vahlens gelbe Hefte)
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Johannes Wend: Untersuchungen an Straflisten vielfach rückfälliger
Verbrecher, Leipzig 1936 (Reihe Kriminalistische Abhandlungen, Band XXIII.)
-
Konrad Ernst: Über Gewalttätigkeits-Verbrecher und ihre Nachkommen,
Berlin 1938 (Reihe Monographien aus dem Gesamtgebiete der Neurologie und
Psychiatrie, Band LXV.)
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